22.11.2024
Die Crypto-Märkte feiern derzeit ein neues Allzeithoch: Angeführt von Bitcoin, der mittlerweile eine Marktkapitalisierung von 1,9 Billionen USD überschritten hat, beträgt die gesamte Marktkapitalisierung aller Cryptoassets nun deutlich über 3 Billionen USD. Dennoch fallen diese beeindruckenden Zahlen im Vergleich zu bekannten Schwergewichten am Aktienmarkt vergleichsweise gering aus, denn allein die Marktkapitalisierung von Apple oder Nvidia ist immer noch höher als die aller Cryptoassets zusammen.
Die folgende Grafik zeigt die Veränderung der Marktkapitalisierung ausgewählter Cryptoassets in Prozent an der gesamten Marktkapitalisierung im Zeitverlauf:
Zwei wichtige Erkenntnisse können aus Abbildung 1 abgeleitet werden:
US-Dollar Stablecoins, wie USDT und USDC weisen zusammen eine Marktkapitalisierung von über 180 Mrd. USD auf. Das bedeutet, dass bereits 180 Mrd. USD in digitalen Varianten des US-Dollars investiert sind. Während die Zentralbanken weltweit noch über Pro und Contra von Blockchain-basierten Währungszwillingen („Central Bank Digital Currencies“) nachdenken, gibt es bereits privatwirtschaftliche Alternativen, die großen Anklang bei Investoren finden.
Abbildung 2 zeigt die Menge an ausstehenden US-Dollar Stablecoins. USDT des Unternehmens Tether ist klarer Vorreiter und Marktführer in dieser Kategorie. Mittlerweile emittieren aber auch bekannte Unternehmen wie Paypal einen eigenen Stablecoin.
Stablecoins sind digitale Währungen, die an traditionelle Fiat-Währungen wie den US-Dollar gebunden sind. Vereinfacht erklärt erhalten Emittenten von Stablecoins, wie beispielsweise das Unternehmen Tether, von Investoren Zahlungen in „echten“ US-Dollar und emittieren dagegen USDT-Token auf gängigen Blockchains wie Ethereum. Diese USDT-Token werden dann an die Blockchainadresse des Investors geliefert, der sie weltweit als digitales Zahlungsmittel nutzen kann. Der Stablecoin-Emittent investiert die erhaltenen US-Dollar in kurzlaufende Anlagen höchster Bonität, zumeist Staatsanleihen. Gibt der Investor seine Token zurück, verkauft der Emittent die kurzlaufenden Aktiva und zahlt den Investor in „echten“ US-Dollar aus.
Die Renditen aus den Anlagen behält bisher der Emittent, sozusagen als Bezahlung für seine Dienstleistung. Unter anderem damit erzielte Tether in den ersten drei Quartalen 2024 einen Gewinn von 7,7 Mrd. US-Dollar. Zum Vergleich: der Gewinn von Blackrock im selben Zeitraum belief sich auf rund 4,7 Mrd. US-Dollar. Es ist jedoch gut denkbar, dass die Profitabilität der Stablecoin-Emittenten zu einem wettbewerbsintensiveren Markt führen wird und damit künftig Emittenten dazu gezwungen sein werden, einen Teil der Verzinsung an die Investoren weiterzugeben.
Im Vergleich zu ihren USD-Pendants sind Euro Stablecoins noch eine kleine Nische. Gründe hierfür sind zum einen die Niedrigzinsphase zwischen 2015 und 2022. In dieser Zeit lag in der Eurozone das Zinsniveau für kurz- und mittelfristige Anlagen viele Jahre lang unter 0%. Ein Emittent von Stablecoins hätte also stets eine negative Rendite in diesen Jahren auf die ausstehenden Stablecoin Volumina erwirtschaftet. Im Gegensatz dazu waren die Renditen in den USA stets positiv. Zudem war die Unsicherheit über die MiCA-Regulierung der EU ein weiterer hemmender Faktor für Emittenten. Das führte dazu, dass Stablecoins auf den Euro erst in den letzten vier Jahren eingeführt worden sind und bisher noch kaum auf Nachfrage von Investoren trafen.
Abbildung 3 zeigt das ausstehende Volumen der Euro Stablecoins verschiedener Emittenten. Es ist deutlich zu sehen, dass erst mit dem Ende der Negativzinspolitik die Anzahl der verfügbaren Anbieter und auch das Volumen anstieg. Darüber hinaus herrscht mittlerweile Klarheit hinsichtlich der europäischen Regulierung. Mittlerweile emittieren auch bekannte Unternehmen, unter anderem die französische Großbank Société Générale (EUR Coinvertible) einen eigenen Stablecoin.
Wie in unserem früheren Artikel der Serie „Crypto Unchained“ beschrieben, erhielt die Assetklasse Crypto im Jahr 2024 durch die Einführung der ersten Spot ETFs auf Cryptoassets in den USA den „Ritterschlag“. Die ETFs haben die Investition in Cryptowährungen erheblich vereinfacht und damit sowohl privaten als auch institutionellen Anlegern den Zugang zu dieser Assetklasse erleichtert. Dadurch konnten bereits enorme Summen in Cryptowährungen investiert werden, die zuvor mit komplexeren Zugangswegen verbunden waren.
Mit den steigenden Preisen am breiten Cryptomarkt, steigt der Bedarf an schwankungsarmen Crypto-Investments wie Stablecoins. Bisher floss der Großteil der Mittel aufgrund des starken Dollars und des breiteren Angebots vor allem in USD-Stablecoins. Im Jahr 2025 könnte sich dies jedoch ändern, da auch das Interesse europäischer Investoren deutlich zunehmen dürfte, wovon auch das Euro Stablecoin Volumen profitieren sollte.
Fondsmanagement- Analystin
Back-/Middle-Office- Partner, Middle Office