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7 Thesen für 2025 - These 5: Soft landing, hard landing oder no landing? Kurzfristig dürften die USA eine Rezession vermeiden, mittelfristig dürfte die Wachstumsdifferenz zu Europa aber abnehmen

23.12.2024

Die USA haben gewählt und es kam zu einem überraschend klaren Wahlsieg der Republikaner („clean sweep“). Doch was bedeutet Trump 2.0 für die Wirtschaft und die Kapitalmärkte?

Die USA haben gewählt und es kam zu einem überraschend klaren Wahlsieg der Republikaner („clean sweep“). Doch was bedeutet Trump 2.0 für die Wirtschaft und die Kapitalmärkte? Mit der Abschwächung des US-Arbeitsmarkts im August kam verstärkt die Diskussion auf, ob die USA in eine Rezession abrutschen könnte. Dies scheint nun mit Blick auf mögliche Steuersenkungen (u.a. Senkung der Unternehmenssteuer von 21% auf 15% und Verlängerung des sog. Tax Cuts & Job Acts) und weitere Deregulierungsmaßnahmen (v.a. im Finanz- und Gesundheitssektor) erstmal nicht der Fall zu sein. So äußerten sich auch die Marktteilnehmer beim jüngsten Fund Manager Survey der Bank of America. Auf nachfolgender Abbildung ist zu sehen, dass die Erwartung an ein „no landing“ deutlich zugenommen hat, wohingegen die Wahrscheinlichkeit für ein „soft landing“, also eine Wachstumsrate unterhalb des langfristigen Potenzialwachstums, abnahm:

Abbildung 1: US-Wirtschaftswachstum ggü. Konsensschätzungen; Quelle: BofA Global Research, Stand: 12.11.2024
Abbildung 1: US-Wirtschaftswachstum ggü. Konsensschätzungen; Quelle: BofA Global Research, Stand: 12.11.2024

Wir sind ebenso der Meinung, dass der fiskalpolitische Impuls kurzfristig zu einem Wachstum führen wird, das oberhalb des Potenzialwachstums (von ca. 2%) liegen dürfte. In welcher Regelmäßigkeit die Volkswirte das US-Wachstum in der jüngsten Vergangenheit unterschätzt haben, wird in Abbildung 2 ersichtlich. Beispielsweise rechnete der Konsens in 2023 mit nahezu keinem Quartalswachstum, wohingegen das annualisierte Quartalswachstum jeweils über 2% lag. Auch 2024 wurden die Wachstumsschätzung nur langsam nach oben in Richtung der tatsächlichen Wachstumsraten (Q3: 2,8%) reviert. Für 2025 wird mit einem überschaubaren Wachstum von ca. 2% gerechnet:

Abbildung 2: US-Wirtschaftswachstum ggü. Konsensschätzungen; Quelle: HSBC, Bloomberg, Stand: 25.11.2024
Abbildung 2: US-Wirtschaftswachstum ggü. Konsensschätzungen; Quelle: HSBC, Bloomberg, Stand: 25.11.2024

Interessant wird es aus unserer Sicht mit Blick auf die kommenden Jahre, wenn sowohl zusätzliche fiskalpolitische Impulse ausbleiben als auch eine verstärkte Deglobalisierung das Wachstum bremst. Das CFRB (Committee for a Responsible Federal Budget) rechnet im Zentralszenario damit, dass die Maßnahmen der Trump Kampagne bis 2035 ca. 10,4 Billionen USD kosten werden, wovon nur ca. 3,7 Billionen USD durch Streichung von Subventionen und Zolleinnahmen gegenfinanziert werden. Diese expansive Haushaltspolitik wird unweigerlich zu einer höheren Zinsbelastung führen. Unterstellt man dann noch einen negativen Wachstumsimpuls durch die Auswanderungspolitik der Trump-Regierung, steigt das Risiko, dass der Wirtschaftszyklus innerhalb seiner Amtsperiode in die Rezession abgleitet.

Auf der anderen Seite dürften insbesondere die Zollankündigungen Trumps kurzfristig Verunsicherung mit sich bringen und negativ für das chinesische bzw. europäische Wachstum sein. Dennoch sehen wir gute Chancen, dass sich das Bild im Laufe der nächsten Quartale zugunsten von Europa dreht. Warum?

1) Geldpolitische Lockerung: Wir gehen davon aus, dass der Inflationsdruck in der Eurozone weiter abnehmen wird und der EZB Spielraum für weitere Zinssenkungen eröffnet


2) Währungsrückenwind: Aufgrund der zunehmenden Zinsdifferenz zwischen Bundesanleihen und US-Staatsanleihen gehen wir zunächst von einem schwächeren Euro aus, der vor allem Exporte begünstigen und für Währungsgewinne von global agierenden Unternehmen führen sollte


3) Fiskalpolitische Unterstützung: Entgegen der USA ging das Fiskaldefizit in der Eurozone in den letzten Jahren zurück (maßgeblich durch die Schuldenbremse in Deutschland). Allerdings nimmt der Druck zu vermehrt in die Infrastruktur und das Militär zu investieren. Gleichzeitig könnten auch chinesische Stimulierungsmaßnahmen unterstützend wirken


4) Ölpreis: Sollte die USA wie angekündigt 3 Millionen Barrel Öl pro Tag mehr fördern, wird dies zu einer Verbesserung der Angebotssituation führen, was sich preisreduzierend auswirken sollte. Niedrigere Energiekosten könnte die europäische Industrie und auch den europäischen Konsumenten stützen.

Möglicherweise führen die Zolldrohungen zu einem „Deal“, der zumindest einen Handelskrieg abwendet. Gleichzeitig ist klar, dass Handelsbarrieren das globale Wachstumspotenzial hemmen. Demnach erwarten wir, dass sich die Wachstumsdifferenz zwischen Europa und den USA ab dem zweiten Halbjahr 2025 etwas reduziert. Inwiefern unsere Wachstumsprognose Auswirkungen auf den Renten- und Währungsmarkt hat, lesen sie in These 6. Stay tuned…

Unsere Ansprechpartner zu diesem Thema:

7 Thesen für 2025 - These 5: Soft landing, hard landing oder no landing? Kurzfristig dürften die USA eine Rezession vermeiden, mittelfristig dürfte die Wachstumsdifferenz zu Europa aber abnehmen

Krennmayer, Jochen

Fondsmanagement- Partner, Senior Fondsmanager