Komplexes Umfeld. Klare Entscheidungen.
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Die Hütchenspieler

17.04.2020

- Billige Taschenspielertricks der OPEC++ Konferenz über Ostern 2020 -

So langsam gehen den Akteuren die Sonderzeichen aus. Nachdem aus der OPEC die OPEC+ wurde (also die OPEC und weitere Staaten, hauptsächlich ist damit aber Russland gemeint), gibt es nun die OPEC++, die nun auch die USA als größten globalen Ölproduzenten mit einschließen soll. Das zweite + steht beim erweiterten Produzentenkreis auch symbolisch dafür, dass die USA nun die Rolle Russlands übernommen haben: bei den Verhandlungen den Ton angeben, jedoch keine feste Absicht bzw. Zusage hinsichtlich einer bindenden Produktionskürzung erteilen. Die USA sind schließlich marktwirtschaftlich aufgestellt und folgen lediglich der Preisfunktion des Marktes … verpflichtende Produktionskürzungen können ja die anderen Ölförderer übernehmen.
Und was geht den Ölakteuren so langsam noch aus? Genau, die Hütchenspieler-Tricks bzw. das Publikum, das sich davon noch begeistern lässt.
Nachdem das 178. OPEC bzw. OPEC+ Meeting am 6. März 2020 im Eklat endete

überboten sich Russland und Saudi-Arabien anschließend mit Prognosen, wieviel die beiden Nationen ab April 2020 zusätzlich fördern könnten. In den lichterloh brennenden Ölmarkt wurde sprichwörtlich noch ordentlich Benzin gegossen.
Irgendjemand muss aber irgendwann Präsident Trump in den USA erklärt haben, dass ein tiefer Öl- bzw. Benzinpreis für den amerikanischen Automobilisten zwar generell positiv ist, dass es jetzt aber auch ein paar hunderttausend Jobs in der Fracking-Industrie kosten kann und dies vielleicht zu viel des Guten ist. Was er dann den Russen versprochen und den Saudis angedroht hat, um alle an den Verhandlungstisch zu bekommen, wird wohl sein Geheimnis bleiben (oder er plaudert es irgendwann doch aus).
Was dann aber über das Osterwochenende 2020 folgte, war eine gefühlte Weltmeisterschaft in Ölmarkt-Hütchenspieler-Tricks.

Abb1: Ostern 2020, mal eine andere Suchvariante: Wo ist die OPEC++ Produktionskürzung versteckt?; Quelle: Tresides
Abb1: Ostern 2020, mal eine andere Suchvariante: Wo ist die OPEC++ Produktionskürzung versteckt?; Quelle: Tresides

Wie von Präsident Trump gewünscht und angekündigt, war die OPEC+ Allianz bemüht, die versprochene Kürzung von 10 Millionen Barrel pro Tag (mbpd) zu liefern. Nicht mal das klappte ganz, es wurden offiziell 9,7 mbpd. Das lag an Mexiko, das sich weigerte, die für das Land vorgesehene Kürzung von 0,4 mbpd vorzunehmen und nur 0,1 mbpd kürzen wollte. Um ein Scheitern der Verhandlungen zu verhindern, hat „Ober-Hütchenspieler“ Trump beschlossen, die Differenz von 0,3 mbpd einfach mit zu übernehmen. Da die USA aufgrund des Preisverfalls sowieso „automatisch“ kürzen werden (in welcher Höhe auch immer), kann man diese 0,3 mbpd einfach automatisch irgendwie mitkürzen.
So, wissen Sie noch unter welchem Hütchen die 0,3 mbpd waren? Ja? … dann machen wir mal schnell weiter. Die 10, sorry, 9,7 mbpd Kürzung sind gerechnet, und jetzt aufgepasst, von der Oktober 2018 Basis (ja, 2018, nicht 2019, nochmal in Worten: zweitausendACHTZEHN!, sprich, dem Monat in dem der Ölpreis seinen dreimonatigen Sinkflug wegen eines massiven Überangebotes startete, also ein optimal hohes Niveau für etwaige Produktionsbeschränkungen). Außer natürlich für Saudi-Arabien, da wurden einfach 11 mbpd als Ausgangsniveau vorgesehen, damit Russland und Saudi-Arabien vom selben Level kürzen. Von diesen Niveaus kürzen im Mai und Juni 2020 jetzt alle 23% (außer Mexiko) und schon sind wir bei 9,7 mbpd. Wenn man aber Februar 2020 als Basis nimmt, belaufen sich die Kürzungen eher auf 7,1 mbpd. Aus der versprochenen 8 mbpd Kürzung für die zweite Jahreshälfte 2020 werden dann eher 5,1 mbpd und aus den 6 mbpd ab Januar 2021 nur noch ca. 3,1 mbpd.

Abb2: OPEC Rohölproduktion in 1.000 bpd (aktuelle Mitglieder); Quelle: Bloomberg, Tresides
Abb2: OPEC Rohölproduktion in 1.000 bpd (aktuelle Mitglieder); Quelle: Bloomberg, Tresides

Ob das genügt, den globalen Nachfrageschock auszugleichen? Wahrscheinlich nicht.
Positiv bleibt festzuhalten, dass es a.) überhaupt einen Deal gibt (noch vor wenigen Tagen schien das unmöglich) und b.) der Deal bis April 2022 (!) sehr lange läuft. Der bestmögliche Ausgang wäre bei einer schnellen Markterholung die Vermeidung von überlaufenden Lagern und ein sukzessiver Abbau dieser Lager in der zweiten Jahreshälfte 2020 und im Jahr 2021.
Auf der negativen Seite lässt sich festhalten, dass die beschlossene Drosselung der Fördermenge wahrscheinlich „zu wenig & zu spät“ ist. Zudem ist es enttäuschend, dass sich andere Produzenten (USA, Brasilien, Norwegen, Kanada) nicht klar auf Produktionskürzungen festlegen wollten. Fraglich ist auch, ob sich bei einem so langen Deal alle Teilnehmer zu 100% an die Vereinbarungen halten. Bisher lebten die OPEC+ Deals meist von der Übererfüllung Saudi-Arabiens. Damit ist dieses Mal nicht zu rechnen. Auch ist interessant, dass Saudi-Arabien über seine OSPs (Official Selling Prices) für Mai 2020 noch höhere Abschläge in seinem Hauptmarkt Asien anbietet. D.h., Saudi-Arabien ist stark darauf fokussiert, keine Marktanteile zu verlieren und anderen Anbietern hier kein „Einfallstor“ zu gewähren.
Bleiben wir gespannt, unter welchem Hütchen die „Ölfässer“ wieder auftauchen. Bei den künftigen Lagerdaten wird der Markt auch mal „sehen wollen“.

Hier Informationen zu unserem Rohstoff-Fonds Tresides Commodity One und unserem Total-Return-Fonds Tresides Total Return Commodities basierend auf einem Long-Short-Rohstoffindex