Komplexes Umfeld. Klare Entscheidungen.
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Kollaps der Dividendenerwartungen - Konjunkturpakete bieten Chancen -

31.03.2020

Blick auf eine historisch außergewöhnliche Dividendensaison

Die sich global ausbreitende Corona-Pandemie und der Ölpreiseinbruch hinterlassen nicht nur bei den Aktienkursen, sondern auch bei den Dividendenerwartungen im Euroraum signifikante negative Spuren. So sind die im Jahr 2008 von der EUREX eingeführten Dividenden-Futures auf den Aktienindex EURO STOXX 50, welche die Erwartungen an die im jeweiligen Kalenderjahr auszubezahlenden Bardividenden der Indexmitglieder aggregieren, seit Monatsbeginn um rund 50% eingebrochen.

Abb1: Dividenden-Futures für die Kalenderjahre 2020 bis 2022, Zeitraum 03. Feb. 2020 bis 30. Mrz. 2020, Quelle: Bloomberg
Abb1: Dividenden-Futures für die Kalenderjahre 2020 bis 2022, Zeitraum 03. Feb. 2020 bis 30. Mrz. 2020, Quelle: Bloomberg

Vergleich mit den Jahren 2008/2009

In den Jahren 2008/09 sind die Dividendenerwartungen zunächst ähnlich stark eingebrochen.

Abb2: Dividenden-Futures für die Kalenderjahre 2008 bis 2010, Zeitraum Jun. 2008 bis Dez. 2010, Quelle: Bloomberg
Abb2: Dividenden-Futures für die Kalenderjahre 2008 bis 2010, Zeitraum Jun. 2008 bis Dez. 2010, Quelle: Bloomberg

Der Rückgang der Erwartungen an die Zahlungen im Jahr 2009 betrug in der Spitze ca. 40%, bevor sich die Erwartungen dann im Jahresverlauf 2009 mit zunehmender Visibilität wieder erholten. Für das Jahr 2009 ergab sich letztlich ein Rückgang der bezahlten Bardividenden um ca. 27% gegenüber 2008 und für 2010 ein Rückgang um ca. 29% gegenüber 2008.

Dividendensaison 2020 von Corona-Sondereffekten belastet

Der rapide Verfall der Erwartungen für die Dividendenzahlungen im Kalenderjahr 2020, die bis zum 6. März noch völlig stabil waren, ist bemerkenswert, da das für die Ausschüttungen zugrundeliegende Geschäftsjahr 2019 ja beim Großteil der Indexmitglieder bereits abgeschlossen ist. Zudem kommunizierten fast alle Indexmitglieder bis Ende Februar, welche Dividende von Vorstand und Aufsichtsrat bei der Hauptversammlung zur Ausschüttung vorgeschlagen wird. Jedoch haben sich die makroökonomischen Rahmenbedingungen aufgrund globaler Ausgangsbeschränkungen, Ladenschließungen und Produktionsstillstände mit immenser Dynamik verschlechtert. Der Flugzeughersteller Airbus und der Softwareanbieter Amadeus strichen die Dividendenzahlungen komplett, während der Textileinzelhändler Inditex die Entscheidung hierüber zeitlich nach hinten verschob. Zudem wachsen angesichts des niedrigen Erdölpreises die Zweifel an der Dividendenfähigkeit des Energiesektors. Bei den Banken haben die Regulierungsbehörden angesichts der voraussichtlich deutlich anziehenden Kreditausfälle sowie aufgrund ethischer Bedenken ein besonders wachsames Auge auf die Dividendenausschüttungen. So veröffentlichte die EZB am 27. März 2020 eine offizielle Aufforderung an die Banken, sämtliche Aktienrückkaufprogramme einzustellen und Dividendenzahlungen für das abgelaufene Jahr 2019 sowie Entscheidungen über geplante Dividenden für das Jahr 2020 zunächst bis 1. Oktober 2020 aufzuschieben. Ein wichtiger Faktor, welcher sämtliche Unternehmen betrifft, ist die in vielen Ländern noch übliche Anwesenheitspflicht bei Hauptversammlungen. Aufgrund des aktuellen Verbots von Großveranstaltungen gestaltet sich dies schwierig und hat bereits zu einigen Verschiebungen in die Sommermonate geführt. Der Gewinnverwendungsbeschluss der Hauptversammlung ist jedoch die notwendige rechtliche Grundlage für die Auszahlung der Dividende.

Ausschüttungen in 2021 und 2022 vom konjunkturellen Szenario abhängig

Die Unsicherheiten der Corona-Krise addieren sich mit den verzögerten und einkassierten Dividendenzahlungen zu einer bisher nie dagewesenen „chance of recovery“. Bezüglich der Dividenden-Futures für 2021 und 2022 sind das angenommene makroökonomische Szenario sowie die Zusammensetzung des zugrundeliegenden Index unter Branchengesichtspunkten genauer zu analysieren. Angesichts des historischen Ausmaßes des aktuellen Konjunktureinbruchs sind die Gewinn- und Dividendenperspektiven einer Mehrzahl der Indexmitglieder für 2021 enorm belastet. Dagegen lassen die angekündigten Maßnahmen seitens der globalen Regierungen und Notenbanken zumindest Hoffnung auf eine schnelle konjunkturelle Erholung aufkommen, von der vor allem die Dividenden-Futures 2022 profitieren sollten. Greifen die historisch einmaligen Konjunkturprogramme, könnten die in 2020 einbehaltenen Dividenden die Aktienkurse zusätzlich unterstützen und in den beiden Folgejahren die Dividendenzahlungen relativ und absolut steigen lassen. Insbesondere den im Vergleich zur Finanzkrise 2008 deutlich besser kapitalisierten Sektoren Banken und Versicherungen kommt hierbei eine wichtige Rolle zu. Sie repräsentierten vor dem Einbruch der Dividenden-Futures gemeinsam rund 27% der Dividendenerwartungen im EURO STOXX 50.